Der Effekt parodontaler Therapie auf die Blutzuckereinstellung von Diabetespatienten
Original Titel: Effect of Periodontal Treatment on Glycemic Control of Diabetic Patients
Teeuw WJ, Gerdes VEA, Loos BG | Diabetes Care 33:421-427, 2010-10-31
Einleitung
Seit langem wird über die möglichen biologischen Zusammenhänge zwischen Diabetes Mellitus (DM) und Parodontitis geforscht. Eine große Anzahl von Studien zeigt einen negativen Effekt von Diabetes auf die Entstehung, das Fortschreiten und das Ausmaß von Parodontitis. Derzeit wird die Prävalenz von Parodontitis bei Diabetespatienten auf ungefähr 2-3 Mal höher als in einer gesunden Bevölkerung geschätzt. Möglicherweise spielen hierbei Mechanismen eine Rolle, die auch für die bekannten mikro- und makrovaskulären Komplikationen von DM verantwortlich sich.
In den letzten Jahren mehren sich die Hinweise, dass möglicherweise auch parodontale Infektionen Auswirkungen auf die glykämische Kontrolle von Diabetespatienten haben. Unbehandelte oder nicht ausreichend behandelte Parodontitis führt zu einer systemischen Entzündung, die zu Insulinresistenz führen kann. Indirekte Beweise für diese Hypothese müssten aus Parodontitistherapiestudien kommen. Viele dieser Studien sind jedoch unkontrolliert oder zu kurz. Bei chronischen Erkrankungen sind jedoch nur Langzeitresultate interessant.
Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass bei einem tatsächlichen kausalen Zusammenhang zwischen Parodontitis und DM parodontale Therapie zu einer Verbesserung der Blutzuckerkontrolle führen müsste. Mit dieser systematischen Übersichtsarbeit sollten die Folge von parodontaler Behandlung im Gegensatz zu „keiner Behandlung“ auf die Blutzuckerkontrolle (gemessen über den Anteil des glykosilierten Hämoglobins; % HbA1c) von DM-Patienten gezeigt werden.
Material und Methoden
Es wurde in zwei Datenbanken (PubMed und Cochrane) nach Therapiestudien gesucht. Als Suchtermini wurden verwendet: 1) Parodontitis , 2) DM, 3) Therapie. Die Studien mussten folgende Kriterien erfüllen:
- Kontrollierte klinische Humanstudien
- 2 Patientengruppen mit Parodontitis, von denen eine parodontale Therapie, die andere keine Therapie erhielt
- Beobachtungszeitraum von mindestens 3 Monaten
Die Abstracts der gefundenen Artikel wurden auf Relevanz geprüft, im Volltext wurden die Einschlusskriterien kontrolliert und aus den verbleibenden Studien folgende Daten extrahiert: 1) Anzahl Probanden, 2) Art der parodontalen Behandlung, 3) %HbA1c vor und nach Therapie, 4) Beobachtungszeitraum, 5) Studientyp. Die HbA1c-Werte wurden für eine Meta-Analyse verwendet.
Resultate
Es fanden sich 639 potentielle Artikel von denen nach Analyse der Abstracts 74 übrigblieben. Von diesen erfüllten 5 die erforderlichen Kriterien. Aus ihnen wurden die Daten extrahiert. In sämtlichen Artikeln wurden DM Typ II Populationen beschrieben, bei drei Studien handelte es sich um schlecht eingestellte Diabetiker (HbA1c >7%) Die Therapie bestand bei allen Studien aus Scaling und Rootplaning, bei 2 Studien mit zusätzlicher Antibiotikagabe.
Die Studiendauer betrug zwischen 3 und 9 Monaten. Nach diesem Zeitraum ließ sich in allen Studien eine absolute Senkung des HbA1c-Wertes in der behandelten im Gegensatz zu nicht behandelten Gruppe nachweisen. (Senkung zwischen 0,05-1,17%). In 2 Studien war die Senkung signifikant. In der Meta-Analyse ergab sich eine signifikante Senkung von 0,4% nach parodontaler Behandlung.
Schlussfolgerung
Aus Basis dieser systematischen Übersichtsarbeit schließen die Autoren auf die Verbesserung der Allgemeingesundheit von Diabetespatienten. Durch parodontale Behandlung kommt es für zumindest 3 Monate zu einer signifikanten Senkung des HbA1c Wertes von 0,4% gegenüber unbehandelt gebliebenen Patienten. Diese Reduktion ist auch klinisch relevant: Diabetologen sagen, dass jeder Zehntelprozentpunkt an erfolgreicher Senkung des HbA1c-Wertes zu weniger Komplikationen bei DM-Patienten führt. Daraus folgt, dass parodontale Therapie bei Patienten mit DM äußerst sinnvoll ist.
(Für Sie gelesen: Dr. C. Bruckmann)