Die umfassende Neustrukturierung der Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen (PAR-Richtlinie) war von allen Beteiligten als Meilenstein für die Allgemein- und Mundgesundheit gefeiert worden. Sie war nach jahrelanger Vorbereitung im Juli 2021 in Kraft getreten, um die Unterversorgung in Hinblick auf die Prävalenz der Erkrankung in der deutschen Bevölkerung auszugleichen. Nun wurden die für eine zeitgemäße evidenzbasierte Therapiestrecke der Parodontitis zugesagten Mittel für 2023 und 2024 im Rahmen des eam 20.10. verabschiedeten GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes wieder entzogen. Als wissenschaftliche Schwesterngesellschaft der DGParo finden wir dieses Vorgehen ebenfalls sehr unglücklich, denn „Parodontitis ist mehr als lockere Zähne“!
Der implementierte Behandlungspfad entspricht im Wesentlichen den Behandlungsempfehlungen der S3-Leitlinie zur Behandlung der Parodontitis im Stadium I-III der European Federation of Periodontology (EFP), die 2020 veröffentlicht und 2021 unter großer Beteiligung anderer Fachgesellschaften, Interessengruppen und Patienten für Deutschland unabhängig von der Umsetzung der Behandlungsleitlinie adaptiert wurde.
Gegenwärtig gibt es keinen Bereich der zahnärztlichen Versorgung in Deutschland, in dem der Behandlungspfad der Evidenz und der unabhängigen, wissenschaftlichen Bewertung des Nutzens mit der gleichen Konsequenz folgt wie die PAR-Therapie.
Denn diese umfass auch Aspekte, die in der kassenzahnärztlichen Versorgung bisher völlig fehlten: vertiefte pädagogische und therapeutische Gespräche (Talking Dentistry) zur Verhaltensbeeinflussung und ein individueller Behandlungsansatz durch risikoadäquate Betreuung im Rahmen der Unterstützenden Parodontaltherapie (UPT/Recall).
Dieser Therapieansatz stellt durch eine mehrjährige Behandlung der chronischen Erkrankung Parodontitis einen echten Meilenstein in der Weiterentwicklung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde dar, deren Auswirkungen sich nicht nur auf die Mundhöhle der Parodontitis-Betroffenen beschränken, sondern auch positive Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit erwarten lassen. Die neue PAR-Richtlinie ist ein Leuchtturm, der weit über die Grenzen Deutschlands hinaus positiv wahrgenommen wurde.
Den Worten des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung: …„Mit diesem Gesetz verschließt die Ampel[koalition] wissentlich die Augen vor den gesundheitlichen Folgen für unsere Patienten und wirft gleichzeitig die von ihr gepredigten Prinzipien von Nachhaltigkeit und Prävention in der Gesundheitsversorgung vollständig über Bord. Das ist schlichtweg absurd und verantwortungslos.“ ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.
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