Der Karl-Ludwig-Ackermann Preis in der Kategorie „Klinische Forschung“ wurde heuer für eine Publikation im Bereich der Parodontologie vergeben:
Kristina Bertl, Nikolaos Pandis, Nikolaus Stopfer, Hady Haririan, Corinna Bruckmann & Andreas Stavropoulos. The impact of a “successfully treated stable periodontitis patient status” on patient-related outcome parameters during long-term supportive periodontal care. Journal of Clinical Periodontology, 2022: 49(2), 101–110.
An dieser Publikation war mit Kristina Bertl, Hady Haririan und Corinna Bruckmann auch die ÖGP stark vertreten. Die Publikation beschäftigte sich mit der 2018 eingeführten Definition für eine:n erfolgreich therapierte:n Parodontitispatient:in. Als erfolgreich therapiert und parodontal stabil gilt ein:e Patient:in, der/die folgenden Kriterien erfüllt (Chapple 2018):
- Maximal 4 mm Sondierungstiefe
- Keine Sondierungstiefe mit 4 mm weist eine Blutung nach Sondieren auf
- Blutung nach Sondieren in der gesamten Mundhöhle liegt < 10%
- Aufgrund der vorangegangenen Krankheitsaktivität liegt ein radiologischer und klinischer Attachmentverlust vor
.
Nach Etablierung dieser neuen Diagnosekriterien ist es interessant zu hinterfragen, 1) wie oft man tatsächlich dieses sehr gute Behandlungsergebnis erzielen kann, vor allem bei einem höheren Stadium der Erkrankung (Stadium III und IV), und 2) ob ein Erreichen dieses Ziels tatsächlich einen positiven Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf und/oder das Rezidivrisiko hat. Genau mit dieser Fragestellung hat sich die oben angeführte Publikation beschäftigt und kam basierend auf retrospektiv erhobenen Daten von 100 Patient:innen mit Parodontitis Stadium III oder IV zu folgenden interessanten Schlussfolgerungen:
- Nur ca. 20% der Patient:innen erfüllten nach der aktiven Therapiephase tatsächlich alle Kriterien für eine:n erfolgreich therapierte:n Parodontitispatient:in.
- Wurden Patient:innen zu Beginn der unterstützenden Parodontaltherapie (UPT) als nicht erfolgreich therapiert eingestuft, wiesen diese Patient:innen ein signifikant höheres Risiko für mehr aktive Stellen und eine höhere Zahnverlustrate im Verlauf der UPT auf.
- Dieser negative Effekt durch einen schlechteren Behandlungsstatus konnte aber zum Teil durch eine optimale Compliance kompensiert
- Die parodontal bedingte Zahnverlustrate bei Patient:innen mit einer moderaten bis hohen Compliance lag nach 10 Jahren UPT bei lediglich 0,035 Zähnen/Patient:in/Jahr. Nur ca. ein Viertel der Patient:innen war überhaupt von einem parodontal bedingten Zahnverlust betroffen und bis auf einen einzigen Patienten hatten alle Patient:innen mit parodontal bedingten Zahnverlust die Definition für eine:n erfolgreich therapierte:n Parodontitispatient:in nicht
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Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Definition für eine:n erfolgreich therapierte:n Parodontitispatient:in zwar sehr streng und schwierig zu erreichen ist, aber sich auf lange Sicht positiv auf den Zahnerhalt auswirkt. Gelingt es uns trotz aller Anstrengungen nicht, dieses Ziel zu erreichen, dann gilt es umso mehr an die Compliance des/der Patient:in zu appellieren!
Fotos © Torsten Zimmermann